Empathie ist eine gute Eigenschaft, klar. Aber bist du zu empathisch, kann das psychisch belastend für dich sein. Damit das nicht passiert, hier ein paar gute Hacks.
Was ist Empathie und wie entsteht sie?
Empathie ist eine Gabe, die nicht jeder hat. Bist du empathisch, kannst du die Emotionen deines Gegenübers nachfühlen. Hat deine Freundin zum Beispiel Liebeskummer, könntest du glatt mitheulen. Du weißt genau, was sie jetzt denkt oder empfindet – vielleicht auch, weil du es selbst schon erlebt hast. Gleichzeitig kannst du auch angemessen auf die Gefühlsausbrüche reagieren. Braucht der oder die jetzt eine Umarmung, Ablenkung oder nur ein offenes Ohr? Intuitiv kannst du das gut abschätzen. Forschende sagen, dass empathische Menschen dazu beitragen möchten, dass es anderen besser geht. Das ist ihre Motivation.
Es gibt zwei Arten von Empathie
Grundsätzlich unterscheidet die Wissenschaft zwei Arten von Empathie: eine emotionale und eine kognitive Form.
- Emotionale (auch: affektive) Empathie: Ich fühle das, was du fühlst
Wir können die Gefühle anderer Personen nachempfinden. Emotionale Empathie können wir sogar für fiktive Charaktere, Schauspieler oder die Freundin im Ausland aufbringen. Diese Eigenschaft hilft uns, eine emotionale Bindung zu anderen aufzubauen.
- Kognitive Empathie: Ich weiß, was du fühlst
Hier geht es darum, Emotionen und Gedanken rational nachzuvollziehen. Zum Beispiel wenn der Vater deiner besten Freundin stirbt. Ihr Verhalten kannst du trotzdem verstehen, ohne mitzutrauern und voll mit den Gefühlen dabei zu sein. Mit dieser Fähigkeit können wir uns gedanklich in andere hineinversetzen.
Meistens laufen die Mechanismen der emotionalen und kognitiven Empathie gleichzeitig ab, wenn wir uns in andere einfühlen.
Mit einer Gruppe mitfühlen: soziale Empathie
Die soziale Empathie ist keine weitere Komponente der Empathie, sondern beschreibt, worauf sie sich richtet: eine Gruppe. Mit sozialer Empathie können wir Interessen und Bedürfnisse mehrerer Menschen verstehen. Dafür brauchen wir sowohl die emotionale als auch die kognitive Empathie und können daraus soziale Verantwortung und moralisches Handeln entwickeln: Sprechen wir mit Menschen, die unter der Klimakatastrophe leiden, sind wir eher dazu bereit, auf Flüge oder Himbeeren im Winter zu verzichten. (Lies hier, warum saisonale Ernährung so wichtig ist!) Gegenbeispiele, bei denen soziale Empathie zu kurz kommt, sind Fremdenhass oder Communities, die gezielt gegen Schwule, Lesben und andere Gruppen hetzen.
Was hat unser Gehirn mit Empathie zu tun?
Nervenzellen im Gehirn, die Spiegelneuronen, sind für die Empathie zuständig, vermuten Forschende. Das sind Zellen, die ähnlich reagieren, wenn wir Handlungen nur beobachten und nicht selbst erleben. Auf diese Weise helfen uns die Zellen beim Einfühlungsvermögen. Je aktiver die Spiegelneuronen sind, desto empathischer ist die Person. Zumindest deuten Studien darauf hin.
Was haben unsere Eltern damit zu tun?
Studien belegen, dass die Bindung zu den Eltern die Basis für Empathie ist. Wer ein gutes Verhältnis mit viel Vertrauen und Wertschätzung zu seiner Mutter und/ oder seinem Vater als Kind hatte, kann besser Empathie ausbilden. Vor allem, wenn die Eltern sich einfühlsam gegenüber anderen verhalten haben.
Wenn Empathie nach hinten losgeht
Zuletzt kommst du? Sehr – oder vielleicht zu – empathische Menschen denken zuerst an andere und irgendwann an sich. Die ganze Zeit fühlen sie, was ihre Mitmenschen brauchen und stellen sich darauf ein. Sie sind perfekte Anpassungskünstler. Hinzu kommt oft ein sehr großes Harmoniebedürfnis. Das bedeutet: Diese Menschen verdrängen ihre eigenen Gefühle und spielen Mr. oder Mrs. Sunshine – also eine Rolle, in der sie sich gut gelaunt und easy zeigen. Ziehen sie das länger durch, verlernen sie, wer sie eigentlich sind und was sie wollen. Wie toxisch ein Zuviel an Empathie sein kann, drückt dieser Spruch aus, der oft bei TikTok auftaucht: „Zu viel Empathie führt dazu, dass du sogar Mitleid mit den Personen hast, die dich sehr verletzt haben.“
Oft haben empathische Menschen auch das Problem, dass sie zu stark mitleiden. Fachleute nennen das „empathetic distress“ (emphatische Verzweiflung). Menschen in Pflege- oder Gesundheitsberufen und Leute mit Helfer-Syndrom sind häufig davon betroffen. Im schlimmsten Fall kann das zu einem Burn-Out oder Depressionen führen. Das belegt auch ein amerikanischer Psychiater. Er fand heraus, dass Depressionen überdurchschnittlich oft bei denjenigen vorkommen, die in ihrem Job besonders viel mit anderen interagieren müssen – zum Beispiel mit Kunden, Gästen oder Patienten.
Fünf Tipps, um das richtige Maß an Einfühlungsvermögen zu halten
- Zeige auch mal „unangenehme“ Gefühle (z.B. Traurigkeit, Wut). Du wirst sehen: Menschen, denen du wichtig bist, werden nicht weglaufen.
- Lerne Selbstfürsorge: Tue Dinge, die nur gut für dich sind. Plane dir am besten einen festen „Selfcare“-Termin dafür in der Woche ein.
- Grenze dich ab. Ein offenes Ohr und Verständnis für andere zu haben heißt nicht, dass du immer parat sein musst. Stehe zu deinen Bedürfnissen und sei mutig. Je nach Situation könntest du zum Beispiel sagen:
- „Das klingt toll, ist aber nicht mein Ding. Macht das gerne ohne mich.“
- „Ich treffe mich gerne mit dir, aber heute brauche ich Me-Time.“
- „Freundschaft bedeutet für mich Geben und Nehmen. Ich spüre da bei uns ein Ungleichgewicht, und würde gerne mit dir darüber reden.“
- Stoppe deine Grübeleien: Das schlechte Gewissen plagt dich, weil du deiner BFF heute abgesagt hast. Durchbreche die Gedankenspirale, indem du dich ablenkst. Mache eine Runde Sport oder geh raus an die frische Luft. Wechsel deine Umgebung, dann wirst du automatisch auf andere Gedanken kommen.
- Gönn‘ dir mal ‘ne Pause. Du hörst dir gerne die Probleme deiner Lieben an, aber es erschöpft dich auch. Ruh dich nach langen Gesprächen oder Treffen aus. Nur, wer genug emotionale und psychische Kapazitäten hat, kann sich auch um andere kümmern.
Um andere Kümmern: ja – aber ohne dich zu vernachlässigen
Es ist wichtig und ganz menschlich, sich um andere zu kümmern bzw. sich in diese hineinzuversetzen und mitzufühlen. Bei manchen Menschen ist Empathie mehr, bei anderen weniger ausgeprägt. Wichtig ist in jedem Fall: Wenn du dich um andere sorgst, darfst du dich selbst dabei nicht vernachlässigen. Selfcare heißt das Zauberwort – wenn du dich selbst und deine eigenen Bedürfnisse nicht wahrnimmst und immer zuerst an andere denkst, dann hast du irgendwann keine Energie mehr. Um zu helfen und da zu sein, brauchst du die aber. Also: Wenn alles zu viel wird, besser einen Schritt zurücktreten und erst einmal an dich selbst denken. Das ist dann auch alles andere als egoistisch.