Draußen wird es kälter und wieder früher dunkel. Es geht auf den Winter zu und du freust dich auf gemütliche Filmabende und eine kuschelige Zeit. Aber warum ist das eigentlich so? Und wer eignet sich zum Kuscheln?
Im Herbst und Winter ist Cuffing Season: Es wird gekuschelt, was das Zeug hält. Und wer niemanden zum Kuscheln hat, bemüht sich schleunigst um jemanden. Daher kommt das „Cuffing“: Es geht darum, jemandem im übertragenen Sinne Handschellen anzulegen, damit er den Winter über ganz sicher mit dir auf dem Sofa bleibt und mit Berührungen und körperlicher Nähe für Wärme sorgt.
Warum ist der Herbst Cuffing Season und nicht der Sommer?
Alles eine Frage der Hormone: In den tageslichtarmen Wintermonaten erhöht sich die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Es hat großen Einfluss auf den Tag-Nacht-Rhythmus und hilft Menschen mit Schlafstörungen als Medikament beim Einschlafen. Je mehr Melatonin der Körper selbst produziert, desto geringer der Serotoninspiegel. Serotonin beeinflusst unsere Gefühle positiv, weshalb es zu den Glückshormonen zählt. Mehr Melatonin und weniger Serotonin heißt also: ein höheres Schlafbedürfnis und gleichzeitig ein Mangel an Glückhormonen. Ist das Ungleichgewicht zu hoch und kommen noch andere ungünstige Faktoren hinzu, kann das zum Winterblues führen. Aber auch schon, bevor es dazu kommt, fühlen sich viele Menschen ein wenig einsam, antriebslos und unglücklich. Also gehen sie mehr oder weniger bewusst auf die Suche nach schönen Gefühlen.
Warum kuscheln wir so gerne?
Kuscheln ist etwas, das wir hoffentlich schon alle seit der Geburt kennen: Die Berührungen von Mama oder Papa oder anderen ersten Bezugspersonen stärken die Bindung von Neugeborenen. Eine sichere Bindung ist wichtig für eine gesunde Entwicklung. Der Körperkontakt löst Reize und Nervenimpulse aus, die für die Ausschüttung eines weiteren Glückshormons verantwortlich sind: Oxytocin. Wer sich gegenseitig zu Oxytocin-Ausschüttung verhilft, stärkt das Vertrauen ineinander. Es kann dich emotionaler, weicher und sozialer gegenüber deinen Mitmenschen machen und sogar schmerzlindernd wirken. Ob Kuscheln oder Sex: Oxytocin ist das Zaubermittel für und gibt dir Geborgenheit.
Wie viel Berührung brauchen Menschen?
Menschen sind soziale Wesen. Sie können eine Zeit lang auf Körperkontakt verzichten, aber nicht auf Dauer oder ein Leben lang. Berührungen stärken die Immunabwehr und sorgen für Stressabbau. Umgekehrt kann ein Mangel an Berührungen zu seelischen und körperlichen Krankheiten führen.
Mit wem kann ich kuscheln?
Eigentlich ist es gar nicht notwendig, sich „nur“ des Kuschelns wegen panisch im Herbst in eine Beziehung zu begeben, die du im Sommer vielleicht nicht eingegangen wärst. Denn: Um dich mit Glückshormonen zu versorgen, kannst du – im gegenseitigen Einverständnis – mit jedem kuscheln, der dir nahesteht. Zum Beispiel auch mit deiner besten Freundin oder deinem besten Freund oder irgendeinem anderen Lieblingsmenschen.
Wie finde ich jemanden zum Kuscheln?
Über dein Kuschelbedürfnis zu sprechen, kostet ein bisschen Mut. Weil du dadurch einerseits einräumst, dass du diesbezüglich ein Defizit hast und andererseits einen relativ intimen Wunsch offenbarst. Aber wer weiß, vielleicht geht es anderen Menschen in deinem Umfeld ähnlich und ihr kommt über ein offenes Gespräch als Kuschelbuddys zusammen?
Wenn du über 18 Jahre bist, kannst du auch in Dating-Apps gezielt nach Menschen suchen, die sich ebenfalls „nur“ Kuscheln wünschen. Es gibt sogar Plattformen, die ausschließlich Kuscheldates vermitteln. Achte auf jeden Fall darauf, dass es sich um eine vertrauenswürdige Seite handelt und es dabei nicht um gewerbliche Dienstleistungen, also um Kuscheln gegen Geld, geht. Und natürlich darauf, dass deine Grenzen nicht überschritten werden.
Es gibt auch kommerzielle Kuschelpartys für über 18-Jährige. Seriöse Veranstalter achten darauf, dass auch hier jeder die Regeln einhält und sich niemand belästigt fühlt.
Was hilft mir außer Kuscheln noch durch die Cuffing Season?
Kuscheln ist gut, aber lässt sich natürlich auch nicht erzwingen, nicht mal in der Cuffing Season. Es gibt noch andere gute Tipps, damit dir im Winter nicht die Decke auf den Kopf fällt: Geh regelmäßig nach draußen ans Licht. Für die dunklen Tageszeiten gibt es spezielle Tageslichtlampen. Pflege deine sozialen Kontakte, sodass du regelmäßig etwas vorhast, und mach auch im Winter viel Sport – auch ein Runner’s High kann Glücksgefühle auslösen. Geht es dir emotional schlecht, konzentriere dich auf positive Erinnerungen oder Situationen, in denen du dich richtig selbstbewusst und als Teil des Teams gefühlt hast. Hast du sogar das Gefühl einer Depression, sprich mit Freunden oder deinem/r Arzt/Ärztin darüber. Rund um die Uhr ein offenes Ohr hat die Telefonseelsorge.