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Das perfekte Ich: Wie viel Selbstoptimierung uns guttut

Mehr Muskeln, mehr Achtsamkeit, mehr Schritte – ständig versuchen wir, unsere Leistung zu steigern. Mit Trackern, Apps, Smartwatches & Co. messen wir unsere Erfolge. Aber dieser Verbesserungswahn macht nicht immer happy. Auf eine gute Balance kommt‘s an.

 

Was heißt „Selbstoptimierung“?

Selbstoptimierung heißt, die eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten kontinuierlich zu verbessern. Es bedeutet, das zu optimieren, was sichtbar, messbar und vergleichbar ist. Das Ziel ist, die beste Version von sich selbst zu werden. Erstrebenswerte Ideale und Erwartungen sind in der Gesellschaft verankert. Wir passen uns ihnen – teils unbewusst – mehr oder weniger an. Per se ist das erst mal nichts Schlechtes. An sich zu arbeiten kann durchaus happy machen. Nur übertreiben sollten wir es nicht. Die größte Kritik an dem Prinzip: Wir bekommen den Eindruck, so, wie wir sind, nicht gut genug zu sein. Und das kann im schlimmsten Fall in Frust, Versagensängste und Selbstzweifel umschlagen.

 

Born to perfom? Was ist die richtige Dosis an Selbstoptimierung?

Ob du es mit der Selbstoptimierung übertreibst oder bereits das richtige Maß gefunden hast, kannst du mit diesen Fragen gut herausfinden:

 

  • Warum möchte ich mich in einem Bereich, z.B. Fitness, verbessern?

Frage dich: Möchte ich das wirklich? Tue ich das, um oder dazuzugehören? Bleib auf jeden Fall selbstbestimmt und verändere nur Dinge, hinter denen du 100 Prozent stehst.

  • Schätze ich mich, so wie ich bin?

Selbstliebe heißt nicht, alles an sich zu mögen. Schließlich liebst du auch nicht alles an deinen Eltern oder deinem Freund/deiner Freundin. Aber du hast eine Wertschätzung für dein Gesamtpaket.

  • Brauche ich für Aktivitäten immer ein Ziel oder einen Wettbewerb? Selbst für Dinge, bei denen es nichts zu erreichen gibt?

Du solltest hellhörig werden, wenn du bei Achtsamkeitsübungen im Wald ständig auf deine Smartwatch schaust, um zu sehen, ob dein Puls schon runtergegangen ist. Oder beim Meditieren die „geschafften“ Minuten zählst …

  • Bin ich über- oder unterfordert?

Perfektionismus und ständiger innerer Leistungsdruck können sehr belastend sein. Das kann zu Stress, Unzufriedenheit und Frust führen. Die Kunst ist, bei all der Selbstoptimierung die Selbstoptimierung an sich nicht ganz so ernst zu nehmen. Fühlst du dich dagegen dauerhaft unterfordert, ist es Zeit für neue Herausforderungen!

  • Gönne ich mir Pausen?

Um ausgeglichen zu sein brauchst du regelmäßige Breaks, zum Beispiel „Digital Detox“.

  • Verschiebt sich mein Ziel dauernd?

Es wird immer jemanden geben, der besser, schöner oder intelligenter ist als du. Verschiebt sich dein Optimum ständig nach oben, wirst du nie zufrieden sein. Sei dir dessen bewusst und sei stolz auf das, was du erreicht hast.

  • Sind meine Ziele realistisch?

Ratgeber gaukeln uns oft vor, dass wir alles erreichen können – wir müssen nur wollen. Nur leider wird ein unsportlicher Typ nie der coole Surfer-Dude werden oder der talentfreie Gitarrenspieler ein begnadeter Musiker. Es gibt persönliche Limits. Also: Sei ehrlich zu dir und bleib bei deinen Möglichkeiten.

  • Kann ich mich auf das Positive fokussieren?

Du könntest fünf Kilo weniger wiegen? Oder in der Schule besser abschneiden? Versuche, den Blick auf das zu legen, was gerade okay ist und was gut läuft. Schreibe jeden Tag fünf Dinge auf, für die du dankbar bist. Das verändert deinen Blickwinkel.

 

Welche Warnhinweise gibt es?

Selbstoptimierung hat einen großen Haken. Niemand ist jemals gut genug. Wir können nicht sagen: Jetzt reicht es, jetzt bin ich ein guter Mensch. Denn es geht ja darum, sich konstant weiterzuentwickeln und nie still zu stehen. Dauerhafte Frustration kann der Auslöser dafür sein, dass es uns sogar schlechter geht, wenn wir uns verbessern wollen. Wenn Selbstoptimierung mehr Unwohlsein und Unsicherheit hervorbringt als vorher, sollten wir unser Verhalten überdenken.

Ebenso problematisch wird es, wenn selbst auferlegten Regeln dein Leben komplett bestimmen. Statt auf der Couch zu flacken, müssen die 10.000 Schritte noch vollgemacht werden. Pizza und Eis sind der Teufel, Industriezucker und Weizenmehl sowieso. Also: weder cheat meals, noch Süßigkeiten und Alkohol. Vier Sporteinheiten pro Woche müssen sein. Selfies vom gestählten Körper füllen dein insta-Profil. Die positiven Kommentare motivieren dich, weiter zu trainieren. Statt Strandurlaub steht Boot Camp auf dem Plan. Schließlich willst du in den Ferien weitertrainieren. Yeah. Klingt verlockend. NOT. Zeit für Freunde? Bleibt nicht wirklich. Das ist wohl das größte Alarmzeichen.

Denkst du, dass du dich gerade in einer solchen Spirale befindet und es geht dir nicht gut damit? Dann frag eine neutrale Person, wie sie zu deinen Optimierungszielen steht. Das kann für die eigene Einschätzung hilfreich sein.

Ganz wichtig: Die Qualität unseres Lebens lässt sich nicht an dem messen, wie fit wir sind, was wir essen oder wie viele Likes wir haben. Sondern an dem, was wir fühlen, erleben und geben können. Und welche Beziehungen wir zu anderen Menschen haben.

 

Motiviert mich die Technik, oder stresst sie nur?

Self-Tracking hat auf jeden Fall das Potenzial, uns zu pushen. Wenn ich sehe, dass ich erst 5.000 Schritte auf meinem Konto habe, kann mich das anspornen, die 10.000 voll zu machen und noch mal ‘ne Runde zu laufen. Und klar finde ich das gut, wenn die Smartwatch Beifall klatscht, wenn ich mein Bewegungsziel des Monats erreicht habe. Das motiviert mich vielleicht für eine nächste Challenge.

Was Self-Tracker nicht sollten: uns stressen. Wenn Schlafphasen, Herzfrequenz oder Sauerstoffsättigung im Blut plötzlich im roten Bereich liegen, ja, was dann? Das kann sehr verunsichern. Ein Beispiel: Die App sagt, dass ich keinen erholsamen Schlaf habe, obwohl ich verzweifelt versuche, pünktlich ins Bett zu gehen, genug zu schlafen etc. Das kann mich so nervös machen, dass ich erst recht schlecht schlafen kann. In solchen Fällen ist es besser, die App nicht mehr oder nur noch selten zu benutzen. Oder einen Arzt zu Rate zu ziehen, wenn ich immer noch an Schlafstörungen leide oder morgens völlig gerädert bin.

 

Selbstoptimierung? Nicht übertreiben.

Höher, schneller, weiter – Luft nach oben ist immer. Auf Dauer kann dieser innere Druck aufs Selbstbewusstsein schlagen und das Gegenteil von dem bewirken, was du eigentlich beabsichtigst: Dich besser zu fühlen. Wenn du merkst, dass deine selbst auferlegten Regeln deinen Alltag bestimmen, leg mal eine Pause ein. Und frag dein Umfeld nach ihrer Meinung. Gute Freund:innen sind in der Regel ehrlich zu dir – und können dir bei Bedarf auch mit Rat und Tat zur Seite stehen.