Feiertage wie Weihnachten bergen vor allem in Familien großes Konfliktpotenzial: Stress, enttäuschte Erwartungen und unangenehme Gespräche mit Verwandten können Gründe für Zoff sein. Hier gibt es Tipps, wie du Feiertage ohne Streit und Stress überlebst.
Ob Weihnachten, Chanukka, Ostern, Bayram, orthodoxes Neujahrsfest oder andere hohe Feiertage der Weltreligionen – Familien hoffen bei solchen Anlässen auf eine harmonische Zeit mit lieb gewordenen Ritualen, gutem Essen und tiefgehenden Gesprächen. Doch die Realität sieht oft anders aus: ungeliebte Geschenke, zu hohe Erwartungen und die plötzliche Nähe von Menschen, die sich sonst selten sehen, verursachen Stress. Dabei soll doch gerade an Familienfesten alles perfekt sein. Genau das funktioniert aber oft nicht und mancher Tag endet in Streit und Türenknallen.
Streit an Feiertagen? Ganz normal!
Wahrscheinlicher als Friede, Freude, Weihnachtsbraten ist Streit, sagt die Erfahrung – und das bestätigen auch Umfragen. Auf die Frage, mit welchen Menschen am ehesten Streit entsteht, antworten die Befragten: mit dem Partner (36 Prozent), mit den Eltern (35 Prozent), den Geschwistern (18 Prozent) und den Kindern (16 Prozent). Nur zehn Prozent entfallen auf die weitere Verwandtschaft.
So vermeidest du Streit an Feiertagen
Wie aber kommst du friedlich durch die Feiertage? Ein Patentrezept für alle gibt es zwar nicht. Aber Experten und Expertinnen haben durchaus Tipps, um Weihnachten und Co harmonisch mit der Familie zu feiern. Stresscoach Jacob Drachenberg rät vor allem: Mut zur Lücke. Es muss nicht unbedingt das edle Luxusgeschenk und das perfekte Fünf-Gänge-Menü sein. Übertriebener Perfektionismus ist aus psychologischer Sicht eine starke Stressquelle. Fehler, Pannen und Missgeschicke aber sind menschlich. Es kann das Fest durchaus auflockern, wenn nicht alles einwandfrei und nach Plan läuft. Nachsicht mit Fehlern, Ticks und Eigenheiten – den eigenen und denen der anderen – kann die Situation entspannen.
Erwartungen offen kommunizieren
Zudem sollte man Erwartungen offen kommunizieren: Was wünsche ich mir? Wie stelle ich mir die Feiertage vor, was ist mir wichtig? Sich darüber klar zu werden und es in der Familie zu besprechen, kann Konfliktpotenzial schon im Vorfeld verringern. Drachenberg rät zudem, auch mal „nein“ zu sagen und nicht alles mitzumachen. Willst du zum Beispiel nicht mit in die Kirche, Synagoge oder Moschee oder möchtest du vegetarisch oder vegan statt Gänsebraten oder Entenbrust essen, kannst du das klar kommunizieren. Und vor allem rechtzeitig, bevor sich Frust und Ärger aufbauen.
Heikle Gesprächsthemen vorher abstecken
Wer über ein bestimmtes persönliches Thema oder die aktuelle politische Situation nicht reden möchte, kann das vorab kommunizieren. Oft reicht schon ein Hinweis per WhatsApp in die Familiengruppe. Am Festtag selbst ist es dafür oft zu spät, dann kann eine unbedachte Nachfrage oder ungeschickte Bemerkung die Stimmung kippen lassen. Ein Beispiel: deine Pläne nach dem Schulabschluss. Wenn dich das stresst und seit dem letzten Treffen mit den Verwandten auch nichts Neues passiert ist, kannst du im Voraus vereinbaren, das Thema auszuklammern. Hat jemand Gesprächsbedarf, könnt ihr es später noch im kleinen Kreis besprechen.
Auch andere konfliktbeladene Themen lassen sich im Vorfeld klären, etwa eine Preisobergrenze für Geschenke oder vielleicht sogar der völlige Verzicht darauf, falls sie oft Anlass für Missstimmung sind.
Die Gästeliste: Wer ist willkommen, wer nicht?
Als Familie wisst ihr nur zu gut, wer mit wem kann und wer nicht. Gerade nach Scheidungen liegen die Nerven häufig noch lange blank zwischen den ehemaligen Ehepartnern. Selbst wenn du dir ein Weihnachtsfest ohne Mama UND Papa nicht vorstellen kannst: Manchmal ist es besser, getrennt zu feiern und die Besuche der einzelnen Elternteile – und der neuen Partner – auf die verschiedenen Feiertage zu verteilen. Eine offene Diskussion darüber, wer aus dem weiteren Familien- und Freundeskreis außerdem zum Fest eingeladen wird, erspart euch allen schon vor dem eigentlichen Event viel Psychostress.
Und wenn es doch Streit an Feiertagen gibt?
Brenzlige Situationen lassen sich mit einfachen Maßnahmen entschärfen: mit einem Spaziergang, einem Gesellschaftsspiel, einer kleinen Auszeit für alle oder anderen ablenkenden Aktionen. Dazu rät auch der Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger: „Aussteigen“, lautet sein Tipp. In hitzigen Situationen gelte die Grundregel: Besser den Mund halten und die Gelegenheit nutzen, sich für den Abwasch in die Küche zu verabschieden.
Was nach Krügers Erfahrung auch funktioniert: Wird ein Gespräch schwierig, einfach mit völlig unerwarteten Fragen dazwischen grätschen – ein bewährter Notausgang. Fragen wie „Was war die schönste Situation in eurem Leben?“ oder „Was hat euch erfreut in diesem Jahr?“ lenken wunderbar ab. Denn all das passt überhaupt nicht in den konfliktträchtigen Kontext und erstaunt die Beteiligten so sehr, dass es die negative Spirale stoppt – ein kreativer Stimmungsretter.
Alles zu viel?
Wir hoffen, dass du dich mit unseren Tipps auf entspannte Feiertage freuen kannst. Falls dir doch an dem ein oder anderen Punkt alles zu viel wird: Erst einmal tief durchatmen.
Zum Runterkommen haben wir hier auch noch ein paar Tipps aufgeschrieben. Bei Instagram gibt’s zusätzlich eine kleine Fantasiereise für 15 Minuten konzentrierte Entspannung to-Go!