Frau mit blondem Zopf und Sonnebrille sitzt mit einem Strauß in der Hand in einem Feld mit Löwenzahn.

Extreme Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Chaos im Kopf: Influencerin Stephi Schmitz hat Migräne, seit sie 15 war. Hier erzählt sie, welche Herausforderungen sie im Alltag hat und wie sie es geschafft hat, mit der Krankheit umzugehen.

Stephanie „Stephi“ Schmitz hat Migräne. Die 29-Jährige hat eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und arbeitet heute als Influencerin. Auf Instagram teilt sie als @stephifashion neben ihren Leidenschaften Reisen und Kochen unter anderem auch ihre Erfahrungen mit der Krankheit.

Was ist Migräne?
Migräne ist eine neurologische Erkrankung. Zu den typischen Symptomen zählen wiederkehrende, anfallartige Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Lichtempfindlichkeit und manchmal die sogenannte Aura (vorübergehende Sprach- oder Sehstörungen sowie andere neurologische Symptome).

Die Krankheit gehört zu den häufigsten in Deutschland:  Etwa 40 Prozent aller Erwachsenen sind mehrmals im Monat betroffen. Migräne kann auch genetisch bedingt sein. Bei Frauen und Männern äußert sich die Erkrankung teilweise sehr unterschiedlich, weshalb sie manchmal erst spät erkannt wird. Auch die Behandlung ist sehr individuell. Dazu gehören Medikamente, verschiedene Arten der Therapien, Veränderungen im Lebensstil und einiges mehr.


Redaktion: Stephi, wann hattest zu zum ersten Mal eine Migräneattacke – und wie hat sich das angefühlt?

Stephi: Ich war 15 und hatte ständig Druck auf dem Kopf und ein Ziehen hinterm Auge. Erst habe ich jedes Mal eine Kopfschmerztablette genommen, aber irgendwann hat meine Mutter gesagt: Das geht so nicht mehr, du kannst nicht ständig Tabletten nehmen. Sie hat für mich einen Termin beim Hausarzt gemacht. Der hat nichts gefunden und mich zum Neurologen geschickt. Aber auch der Neurologe hat im MRT nichts in meinem Kopf feststellen können. (Anm. d. Red.: Bei einem MRT werden mithilfe von Magnetfeldern und Radiowellen detaillierte Schnittbilder des Körpers erzeugt. Es dient nicht zur Diagnosestellung für Migräne, sondern zum Ausschluss anderer Ursachen.) Erst als ich dann 18 war, bin ich auf eigene Faust noch einmal zu einem anderen Neurologen gegangen. Und der hat am EEG erkannt: Das ist Migräne. (Anm. d. Red.: In einem EEG wird die elektrische Aktivität im Gehirn mithilfe von Elektroden auf der Kopfhaut gemessen. Es dient nie zur Diagnosestellung für Migräne. Es kann darin aber eine erhöhte Reizbarkeit erkannt werden, die u.a. bei Migräne vorkommen kann.)

Was hat sich nach der Diagnose für dich verändert?

Die Ungewissheit war endlich weg. Zum ersten Mal habe ich Medikamente bekommen, die wirklich geholfen haben. Und ich habe angefangen, ein Migräne-Tagebuch zu führen, in dem ich aufgeschrieben habe, wann ich eine Attacke hatte, wie das Wetter an dem Tag war, was ich gegessen habe, wie ich geschlafen habe. Damit konnte ich die Auslöser ganz gut tracken.

Was sind die Auslöser bei dir?

Zu langes Schlafen, sehr fettiges Essen, zu viel Alkohol, Wetterumschwünge – und vor allem Stress.

Wie sieht ein Migräneanfall bei dir aus, welche Symptome hast du?

Es fängt entweder hinterm Auge oder an der Braue an zu ziehen, immer nur auf einer Seite. Dann weiß ich schon: Es geht wieder los. Das Ziehen weitet sich dann im Kopf aus und wird immer stärker, bis hin zu extremer Lichtempfindlichkeit, und irgendwann kommt Übelkeit dazu. Oft bin ich auch sehr wirr im Kopf und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Was machst du dann akut?

Ich muss mich direkt hinlegen. Was mir hilft, ist weißer Tigerbalsam. Den reibe ich auf meine Stirn, auf die Schläfen und unter die Nase. Das kühlt und riecht frisch und wirkt sich auch positiv auf die Übelkeit aus. Wenn ich das früh genug mache, schaffe ich es manchmal sogar, keine Tablette zu nehmen. Und ich trinke direkt zwei große Gläser Wasser. Wenn ich unterwegs bin oder einen Termin habe, nehme ich aber immer sofort eine Tablette. Das muss dann richtig schnell gehen, sonst bringt es nichts mehr.

Gibt es andere Behandlungsmethoden, die dir geholfen haben?

Ich habe viel ausprobiert. Ich war bei der Osteopathie, bei der Akupunktur, habe wochenlang Magnesium genommen, es mit Betablockern (Anm. d. Red.: Medikamente, die die Wirkung von Stresshormonen wie Adrenalin blockieren und so den Blutdruck senken und die Herzfrequenz verlangsamen) und sogar Botox probiert. Aber nichts davon hat mir langfristig geholfen – bis ich eine Psychotherapie gemacht habe. Früher stand ich dauerhaft unter Strom. Die Therapie hat mir enorm geholfen, mit Stress umzugehen und achtsamer zu sein.

Kannst du diese Dinge heute bewusst steuern, um Anfälle zu vermeiden?

Ja, ich versuche, mein Stresslevel so gering wie möglich zu halten. Ich ernähre mich gesünder, bewege mich mehr, baue immer mal eine Meditation in meinen Alltag ein. Ich stehe von Montag bis Sonntag immer zur selben Uhrzeit auf und verzichte nie auf mein Frühstück. Alkohol trinke ich viel seltener. Außerdem achte ich mehr auf meine Bildschirmzeit und denke immer daran, Pausen zu machen. Ich habe aber auch gemerkt: Die Angst vor der Migräne ist fast die größte Einschränkung in meinem Alltag, weil auch sie in mir Stress auslöst. Das ist dann manchmal wie eine selbsterfüllende Prophezeiung: Du hoffst so sehr, dass es nicht passiert, dass du es damit fast selbst herbeirufst. Deshalb versuche ich, der Migräne in meinen Gedanken nicht mehr Raum zu geben als wirklich nötig.

Wie oft hast du noch Migräneattacken?

Ungefähr viermal im Monat. Früher waren es zwölf- bis dreizehnmal, das ist also ein echt großer Fortschritt. Ich hoffe, es bleibt so.

Gibt es Dinge über die Krankheit, die du gern von Anfang an gewusst hättest?

Oh ja, ich hätte gerne früher gewusst, was für einen großen Einfluss die Psyche hat. Meine Lösung war bis dahin immer: Tabletten. Vor meiner Therapie haben auch Ärzte mir nie etwas anderes vorgeschlagen. Wenn ich geahnt hätte, dass Stress so ein massiver Grund für meine Migräne ist, hätte ich viel eher versucht, da anzusetzen.

Was sollten deiner Meinung nach alle über Migräne wissen?

Dass Migräne nicht nur „ein bisschen Kopfschmerz“ ist. Betroffene leiden so sehr darunter, das sollten alle ernst nehmen. Es soll niemand mehr sagen: „Stell dich nicht so an.“

Stephis Beispiel zeigt: Migräne ist eine Krankheit, die ernstzunehmen ist, mit der es sich aber dennoch gut leben lässt. Wichtig ist, herauszufinden, was dir in deiner individuellen Situation wirklich hilft. Denn das können für alle Betroffenen ganz unterschiedliche Behandlungsoptionen sein. Wenn du von Migräne betroffen bist, wende dich erst einmal an deine Ärztin oder deinen Arzt – und beobachte gut, was die Auslöser sind und was dir hilft.