Immer mehr Jugendliche entscheiden sich für eine vegetarische oder vegane Ernährung. Was hat es damit auf sich – und auf was solltest du dabei achten?
Der Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte liegt im Trend. Insta & Co. sind voll von kreativen Rezeptvorschlägen: von veggie Poke-Bowls bis zu Pattie-Variationen für vegane Burger. Bei dieser Entwicklung handelt es sich um weit mehr als eine reine Geschmacksfrage. Das zeigt der „Fleischatlas 2021“ der Heinrich Böll Stiftung. Für die Ernährungsstudie wurden 1227 junge Deutsche im Alter von 15 bis 29 Jahren online zu ihren Einstellungen und ihrem Konsumverhalten interviewt.
Ernährst du dich vegetarisch oder vegan? Vielleicht zählst du zu den Flexitariern, die ab und zu Fleisch und Produkte wie Eier und Käse genießen? Oder bist du ein Omnivore, also ein Allesesser? Die Entwicklung verläuft jedenfalls deutlich in die Richtung, dass immer mehr junge Menschen auf Fleisch und tierische Produkte verzichten. Heute ernähren sich im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung rund doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegetarisch (10,4 %) oder vegan (2,3 %). Ein Beitrag der Fridays for future-Bewegung: Die Hälfte der für den „Fleischatlas“ Befragten halten FFF für eine wichtige Initiative. Ein großer Teil fordert auch: Die Politik soll dafür sorgen, dass Lebensmittel umweltgerecht erzeugt werden und Menschen dabei unterstützen, sich klimafreundlicher zu ernähren. Dazu zählen etwa Klimakennzeichnung von Lebensmitteln und strengere Tierschutzgesetze. Andere wollen, dass auch ein Tierschutzlabel Pflicht und Containern zugelassen wird.
Alles veggie oder was?
Auch unter Veggie-Typen gibt es Unterschiede: Veganer verzichten nicht nur bei der Ernährung auf alle Lebensmittel und Zusatzstoffe tierischen Ursprungs, etwa Honig im Fertigmüsli, sondern auch auf Produkte aus Wolle, Leder und Seide. Dabei steht ganz klar der Tier- und Umweltschutz im Vordergrund. Neu ist das nicht: Geprägt wurde der Vegetarismus schon von Pythagoras. Der griechische Philosoph, der im sechsten Jahrhundert vor Christus lebte, warnte: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt wieder auf den Menschen zurück.“
Vegetarier essen zwar weder Fleisch noch Fisch, gönnen sich aber Produkte von lebenden Tieren wie Milch und Eier. Individuell ist dabei alles möglich: Eier ja, Milch, Joghurt und Käse nein – oder umgekehrt. Übrigens: In manchen Lebensmitteln verstecken sich tierische Bestandteile, ohne dass man es auf den ersten Blick sieht.
Unter Begriffen wie Frutarier, Clean oder Raw Eating sowie Paleo versammeln sich weitere Ernährungstrends, die eins gemeinsam haben: den Verzicht auf Fertigprodukte und Zusatzstoffe. Da je nach Variante auf viele Nährstoffe verzichtet wird, betrachten Experten diese Ernährungsstile eher kritisch.
Weniger Fleisch = mehr Gesundheit?
Auf die Vorzüge der fleischlosen Ernährung weist jedes Jahr der Weltvegetariertag am 1. Oktober hin: Weil Vegetarier grundsätzlich weniger Fett zu sich nehmen, (maximal 30 Prozent ihrer täglichen Nahrungsenergie), leben sie gesünder. Bei einem durchschnittlichen Fleischesser liegt der Fettanteil bei rund 50 Prozent. Ärzte raten zu einer fettarmen vegetarischen Ernährung als Therapie bei Zivilisationskrankheiten wie Fettsucht (Adipositas) sowie bei rheumatischen Erkrankungen, die auch schon bei Jugendlichen vorkommen können. Außerdem zeigen Studien, dass vorwiegend pflanzliche Kost effektiv vor Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. Der geringere Anteil an Cholesterin in pflanzlichen Fetten senkt das Risiko, daran zu erkranken.
Worauf musst du achten?
Studien zeigen, dass Vegetarier mit Ballaststoffen sowie mit Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen wie Kalium, Magnesium, Folsäure, Vitamin C und E gut versorgt sind. Dennoch fehlen bei einer vegetarischen und besonders bei einer veganen Ernährungsweise wichtige Lieferanten im Speiseplan. Für Kinder und Jugendliche, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, besteht das Risiko eines Nährstoffmangels, warnt etwa der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Dies ist besonders für Heranwachsende gefährlich, die einen erhöhten Nährstoffbedarf haben.
Wenn du dich dafür entscheidest, fleischlos zu leben, dann solltest du dich über Lebensmittel und Nährstoffe umfassend informieren. Durch die clevere, abwechslungsreiche Kombination deiner Speisen, dazu sollten auch Hülsenfrüchte und wertvolle Öle zählen, kann dein Organismus gut versorgt werden. Was für eine gesunde Ernährung alles wichtig ist, haben wir hier zusammengefasst.
Kritisch ist beim Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte vor allem die Versorgung mit Vitamin B12, B2, Vitamin D, Jod sowie Calcium. Das zeigt auch das Ergebnis der VeChi-Youth-Studie der Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Blutuntersuchungen bei Veganern und Vegetariern wiesen zudem eine niedrige Eisenversorgung nach. Einige der fehlenden Stoffe lassen sich über Nahrungsergänzungsmittel zuführen. Eine solche Ergänzung solltest du am besten nicht auf eigene Faust unternehmen, sondern sie mit deiner Ärztin oder deinem Arzt besprechen. Zusätzlich können dir Ernährungsfachkräfte helfen, eine Fehl- und Mangelernährung zu vermeiden. Bei einer solchen Beratung kann auch geklärt werden, was in deinem speziellen Fall besonders wichtig ist. Beispielsweise sollten vegane Sportler besonders darauf achten, Mangelerscheinungen zu vermeiden. Das gilt vor allem beim Leistungssport: Lass am besten deinen Eisengehalt regelmäßig überprüfen.
Tipps:
- Iss möglichst abwechslungsreich
- Vitamin B12: Greif zu angereicherten Lebensmitteln, etwa Hafer- oder Soja-Milch
- Steiger deine Eisen-Ration: Nimm Gemüsesorten, etwa rote Beete oder grünes Blattgemüse, sowie Vollkornprodukte am besten zusammen mit Vitamin-C zu dir
- Gute Folsäure-Lieferanten sind z.B. Grünkohl und Spinat
- Kombinier wichtige Eiweiße: Vollkornbrot, Cerealien, Gemüse, Kichererbsen und Linsen – in der vegetarischen Variante am besten mit Milchprodukten wie Quark und Eiern
- Kaufe am besten regional und saisonal ein – wie das geht, liest du hier
- Verzichte auf industriell aufbereitete Fertigprodukte
- Tofu und viele Fleischersatzprodukte werden aus Soja hergestellt. Wenn du dich klimafreundlich ernähren möchtest, greif lieber zu Hülsenfrüchten und Nüssen – oder du erkundigst dich, wo die Sojabohnen angebaut wurden
- Lass dich in deiner Jugend- oder Hausarztpraxis und/ oder von Ernährungsfachkräften ausführlich beraten
Und jetzt?
Unser Fazit: Es gibt viele gute Gründe, auf eine vegetarische oder vegane Ernährung umzusteigen. Dazu zählen zum Beispiel deine persönliche Gesundheit oder auch das Klima. Und ganz klar können wir festhalten: Vegane Ernährung ist alles andere als einseitig.
Wer sich bisher noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt hat, kann sich auch langsam rantasten und nur für ein paar Wochen einmal auf bestimmte Produkte verzichten. Wenn du dich entschieden hast, langfristig tierische Produkte vom Speiseplan zu streichen, solltest du aber noch einmal mit einem Experten oder einer Expertin für Ernährung sprechen. Nicht, dass du möglicherweise einen Nährstoffmangel bekommst. Wir wünschen viel Spaß beim Ausprobieren – vielleicht entdeckst du ja leckere Rezepte, die du so vorher noch gar nicht auf dem Schirm hattest?
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