Young woman sitting on bed suffering a bladder pain. ©AdobeStock/andranik123

Wenn sich bei Mädchen und Frauen Scheide und Beckenbodenmuskulatur verkrampfen, ohne dass sie etwas dagegen tun können, nennt sich das Vaginismus. Zusammen mit der Frauenärztin Dr. Astrid Naczinsky erklären wir, warum das passiert, was du dagegen tun kannst – und vor allem, warum dir das gar nicht peinlich sein muss.

Was ist Vaginismus?

Vaginismus ist eine sogenannte sexuelle Funktionsstörung. Dabei verkrampfen die Muskeln im Vagina- und Beckenbodenbereich extrem. Häufig hast du dabei auch starke brennende oder stechende Schmerzen. „Die Stärke des Schmerzes kann sehr unterschiedlich sein“, erklärt Gynäkologin Dr. Astrid Naczinksy. „Wichtig zu wissen ist, dass diese Schmerzen unwillkürlich ausgelöst werden. Du kannst sie also nicht kontrollieren.“

Das Verkrampfen führt dazu, dass der vaginale Eingang eng oder sogar fast geschlossen ist. Dies macht es schmerzhaft oder unmöglich, etwas einzuführen. Das passiert vor allem beim vaginalen Sex mit dem Penis, wenn du einen Finger oder einen Tampon in die Vagina einführen möchtest. Viele betroffene Frauen und Mädchen erleben Vaginismus von Beginn ihres Lebens an, häufiger entwickeln sich die Symptome aber im Laufe des Lebens.

Was sind die Ursachen von Vaginismus?

Die Ursachen von Vaginismus können vielfältig sein. „Häufig liegt eine Kombination mehrerer sowohl körperlicher als auch seelischer Auslöser vor“, so Dr. Naczinsky. Die Psyche spielt hier eine große Rolle, da es sich beim Vaginismus um einen starken, unbewussten Abwehrreflex handelt. Mögliche Auslöser sind:

  • Stress oder Angst vor Schmerzen und Verletzungen oder die Annahme, dass die Vagina zu klein sein könnte
  • Eine traumatische Erfahrung wie sexueller Missbrauch, Geburtskomplikationen, eine schmerzhafte ärztliche Untersuchung oder andere belastende Erlebnisse
  • Probleme mit Sex oder der Partnerschaft, Kommunikationsprobleme, eine ungesunde Beziehung oder eine allgemein negative Vorstellung von Sexualität
  • Medizinische Faktoren wie Infektionen, hormonelle Probleme oder eine Fehlstellung des Beckens

Schmerzen und Verspannungen beim Sex oder beim Einführen eines Tampons können aber viele unterschiedliche Auslöser haben, darunter zum Beispiel auch Endometriose. Nicht immer ist Vaginismus die Ursache.

Wann weiß ich, dass es Vaginismus ist?

Für die Diagnose Vaginismus muss deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt andere Ursachen erst einmal ausschließen. Gynäkologin Dr. Naczinsky sagt: „Stelle bitte keine Selbstdiagnose.“ Wenn du glaubst, dass du unter Vaginismus leidest, suche einen Frauenarzt oder eine Frauenärztin auf. „Dort kannst du in einer geschützten, vertrauensvollen Umgebung von deinen Problemen erzählen. Anschließend folgt eine gynäkologische Untersuchung. Sage ehrlich, was du fühlst. Dann können die Ursachen der Schmerzen gefunden und die geeigneten Behandlungsschritte eingeleitet werden.“

Wie lässt sich Vaginismus behandeln?

Bei Vaginismus kommen verschiedene Ansätze zur Behandlung infrage.

Mit Beckenbodentraining kannst du die Muskeln im Bereich von Beckenboden und Vagina gezielt anzusteuern. Dabei lernst du nicht nur, sie anzuspannen, sondern auch sie zu entspannen.

Entspannungstechniken wie Atemübungen können dir dabei helfen, die verkrampfte Muskulatur zu lösen.

Instagram

Mit dem Laden des Beitrags akzeptierst Du die Datenschutzerklärung von Instagram.
Mehr erfahren

Beitrag laden

Mithilfe einer gynäkologischen Untersuchung kannst du lernen, wie dehnbar die Scheidenwand tatsächlich ist – und dadurch bestehende Ängste abbauen und ein besseres Körpergefühl entwickeln. Deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt zeigt dir bestimmt geeignete Übungen, die du auch allein zuhause durchführen kannst.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptierst Du die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Eine Psychotherapie hilft dir dabei, eventuell bestehende Traumata aufzuarbeiten. Welche Form der Therapie hier für dich die passende ist, hängt zum Beispiel davon ab, ob du noch andere psychische Erkrankungen hast, wie Depressionen oder Angststörungen.

„Welche dieser Behandlungsmöglichkeiten für dich die richtige ist, musst du letztlich ausprobieren“, so Dr. Naczinsky. „Erfolgschancen gibt es bei allen Maßnahmen.“

Ich traue mich nicht, über Vaginismus zu reden – was kann ich tun?

Vielleicht ist es dir erst mal unangenehm, über solche Beschwerden zu reden, auch mit einem Arzt oder einer Ärztin. Vielleicht hast du sogar Angst davor. „Die Betroffenen haben einen hohen Leidensdruck, der sich sowohl auf emotionaler Ebene als auch auf die Paarbeziehung auswirkt. Scham und Angst vor Stigmatisierung können die Beschwerden verschlimmern. Sucht euch einen Frauenarzt oder eine Frauenärztin, denen ihr euch anvertrauen könnt“, rät Dr. Naczinsky.

Die Expertin findet, dass vor allem auch Ärztinnen und Ärzte hier eine Aufgabe haben: „Aufklären, aufklären, aufklären. Vaginismus darf kein Tabuthema sein. Patientinnen müssen sich ernst genommen fühlen. Wichtig ist: Diese Krankheit betrifft viele Frauen und sie ist behandelbar.“

Wer ehrlich über Krankheiten und Sexualität spricht, hilft aktiv dabei, Tabus zu brechen und  Hemmungen zu nehmen. Wie hilfreich das sein kann, zeigt zum Beispiel die Serie Sex Education auf Netflix. Dort findest du natürlich keine medizinische Hilfe, doch es kann helfen, diese Themen zu normalisieren. Also schäm dich nicht und sprich darüber, auch mit deinen Freundinnen und Freunden. Du wirst sehen: Es tut gut.